Eine interessante Veränderung macht sich bemerkbar, seit ich wieder öfter auf der Bühne stehe: Klingelnde Handys im Publikum – sie stören mich nicht mehr. Ist es diese mühsam antrainierte Grundgelassenheit, oder vielleicht schon der erste Anflug von Altersweisheit? Sie stören mich nicht mehr; nein, im Gegenteil: Es beruhigt mich.
Wenn ich höre, bei dem dicken Mann da in der dritten Reihe ist es soweit, hier hat das Handy endgültig übernommen: Das finde ich gut. Die künstliche Intelligenz hat gesiegt, wahrscheinlich, weil die natürliche Konkurrenz nicht so groß war.
Keine Lust auf Theater
Sicher hatte das Handy heute keine Lust auf Theater. Es wollte lieber mit dem Dicken auf dem Sofa bleiben und den ganzen Abend von ihm gestreichelt werden. Und deshalb macht es jetzt Terror. Und er kriegt es nicht hin, dass es Ruhe gibt; hat wahrscheinlich auch bei den Kindern schon nicht geklappt.
Sicherlich hat der Dicke auch noch so ein Fitnessarmband, das ihm immer sagt, wie er gesünder leben könnte. Das kommuniziert aber nicht mit dem Handy, denn das Handy ist Apple, das Armband Lidl. Und wenn er sich abends aufs Sofa legen will, sagt das Armband: Stop, du hast heute erst 0,7 Kalorien verbraucht, du musst noch 150.000 Kilometer laufen, danach darfst du 20 Gramm Rohkostsalat essen, nur so bleibst du gesund und wirst glücklich. Aber das Handy hat dann immer schon das aktuelle Fernsehprogramm hochgeladen und eine Pizza für Zwei bestellt.
Und dann kommt heute auch noch die Frau dazwischen und frohlockt: Wir gehen heute ins Theater! Fabian Lau! Mit dem neuen Programm: Klasse! Endlich wieder Fabian Lau! Aber das Handy googelt mich schnell und sagt dann: Och, nööö, wer braucht das denn? Mach lieber das Fernsehen an, gleich kommt Bülent Ceylan, der ist viel besser, viel witziger, der macht so eine Frau nach und kiekst dann so mit der Stimme, total lustig und dann macht er sein Haar auf und schüttelt es so, das soll der Fabian Lau ihm erstmal nachmachen.
Dann noch das Armband
Und dann mischt sich das Armband auch noch ein und meint: Komm, raff dich auf, geh mit ins Theater! Das sind fünf Kilometer, da verbrauchst du 1,4 Kalorien. Dann darfst du dir morgen eine ganze Tüte Kartoffelchips anschauen. Und offenbar hat sich das Fitnessarmband dann durchgesetzt. Oder die Frau hat dem Dicken Sex versprochen hinterher, und das Armband hat gesagt: Yessss, noch mal 3,5 Kalorien – vorausgesetzt, du liegst nicht wieder unten.
Also sitzen die drei jetzt hier bei mir im Konzert, die Frau und das arme Ding mit seinem Dicken. Die Frau hat Spaß, aber die anderen beiden können einem ja nur Leid tun. Wie soll man da sauer sein, oder genervt? Leider lassen sich die beiden gar nicht mehr trennen, sonst könnt ich dem Dicken schnell mal flüstern, wo bei dem Ding der Ausschaltknopf ist. Nachher, wenn die Frau ein Autogramm bei mir holt, zum Beispiel.